Buchhandlung

Der Clip “Buchhandlung” ist eine Überarbeitung einer Vorlage von Vahidin Numic. Er hat seinem Beitrag diese Überlegung beigefügt:

Das Buch als solches scheint das Objekt des Begehrens zu sein. Doch hat das Begehren überhaupt ein Objekt? Ist es nicht vielmehr ein weltumfassendes, globales Delirium von dem hier das Wort ist. Nicht der Inhalt des Buches, nicht das Buch selbst, sein Autor oder gar sein Paratext wird begehrt, sondern die ganze Welt die das Buch umgibt und in der das Buch selbst nicht anders als in der Welt zu verorten ist. So begehrt der Leser auch den Ort des Besitzüberganges des Buches ebenso wie das Buch selbst. Der Begehrende gibt, gerade durch diesen Aspekt, aber auch ein Element seiner innigsten Empfindungen preis: er zeigt in welchem Diskurs er sein Begehren als solches partizipiert und wie diese Welt zu verstehen ist. Manches Begehren kann demnach nicht geschenkt werden, es entfaltet sich erst im Moloch des kapitalistischen Zwanges, im Abgrund des Konsumerismus, wo am Ende eine Welt liegt, die ihre Begehrenswertigkeit mit ihrer Existenz begründet.

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Die Umarbeitung erfolgte im Einvernehmen mit Herrn Numic im Seminar “Podcasts philosophische”, Wintersemester 2013/14

Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte

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